Es war einmal in Riesenbeck…
Das Dorf am Fuße des Teutoburger Waldes wurde früh bekannt, da sich die Heilige Reinhildis, alias Sünte Rendel, als echte Heilige posthum hier niederließ.
Ein Vielzahl weiterer sagenhafter Begebenheiten, Untaten und Spukgeschichten, – selbstverständlich auch aus dem über 900 Jahre alten Birgte – sind uns bis zum heutigen Tage erhalten.
Das ist den Menschen zu verdanken, die diese Geschichten archivierten, oder sogar selbst zu Papier brachten. In Riesenbeck 1851 geboren, machte Rosa Westermann, spätere Verlage, es sich zur Aufgabe, überlieferte Gegebenheiten ihrer Heimat niederzuschreiben.
Dass ein im Münsterland um 1900 bekanntes Landstreicher-Ehepaar namens Adam und Eva häufiger nach Riesenbeck kam, wurde mir nach Angaben der Angehörigen einer Zeitzeugin glaubhaft versichert. Die beiden frommen Obdachlosen sollen am Hang oberhalb der Kanalbaustelle – an dem später die evangelische Kirche entstand – regelmäßig kampiert und sich als Tagelöhner den ortsansässigen Bauern angeboten haben.
Der christliche Glauben spielt hier schon seit Jahrhunderten eine große Rolle: die auch heute noch jährlich stattfindende Karfreitagsprozession führt von der Pfarrkirche an mehreren Stations-Kapellen vorbei über eine lange Steintreppe bis auf den Kamm des Berges. Unweit der „letzten Station“ auf dem Weg nach Gravenhorst, waren bis vor einigen Jahren noch Reste einer weit über 1000jährigen Buche zu sehen – die hier vor Westfalens Christianisierung auch als heidnische Kultstätte gedient haben mag…
In unmittelbarer Umgebung der Reinhildisquelle, die vom starken Glauben des Mädchens Rendel an Gott zeugt, gab es aber auch die finsteren Gestalten der Gesellschaft.
Nahe der Kirche und des Brunnens soll einer namens Book – es sei ausdrücklich zu erwähnen, dass dieser mit keinem der Riesenbecker „Books“ verwandt ist – mit finsterer Magie und illegalen Machenschaften Handel betrieben haben.
Man brauchte Kinder gar nicht vor ihm zu warnen – sie hielten schon aufgrund seiner düsteren Ausstrahlung gebührenden Abstand.
Sonst aber begeben sie sich ja gerne an Orte, die die Erwachsenen als gefährlich einstufen. Bei den einen beliebt und den anderen gefürchtet war immer schon das Spielen in Getreidefeldern – und wurde mit so schrecklichen Geschichten verbunden, dass es dem Nachwuchs den Aufenthalt in den Feldern verleiden sollte.
Apropos Feld: Bei Maigängen oder Radtouren haben wir schon oft ein uraltes Steinkreuz bestaunt, das unmittelbar vor der Flöttenbrücke am Lagerdamm steht – was es damit auf sich hat, fördert die Phantasie, denn keiner von uns war 1665 dabei, um Näheres über die Umstände des Ablebens von Gert Bukers sagen zu können.
Dass das Böse nicht nur bei Wintersonnenwende, sondern immer und überall lauern kann, zeigt uns das Höltene Krüz auf dem Weg von der Ecke Postdamm/Teutohang in Richtung der im Winter zum Rodeln beliebten „Funkenwiese.“ Die Inschrift des Sühnekreuzes besagt, dass dort im Mai 1616 ein Mann seine Frau ermordet hat. Bestimmt eine feige Eifersuchtstat.
Der Eulenfelsen – der einst bei Jung und Alt so beliebte Ausflugsort – befindet sich direkt oberhalb des Kreuzes. Dort soll es eine Hütte gegeben haben, in der verwaiste Zwillingsmädchen das Spinnrad bedienten, um ihren kargen Lebensunterhalt zu bestreiten, bevor sie ihr tragisches Ende an Doktor’s Loch ereilte.
Warum diese Gegend oberhalb von Birgte eigentlich den klangvollen Namen „Kaiserei“ trägt, wird immer ein Rätsel bleiben, aber es gibt immerhin drei Erklärungsansätze.
Einen Hexenpütt hat die sumpfige Gegend auch. Wer oder was darin gebrodelt hat, kann man nur ahnen…
Ein unbeliebter Rentmeister namens Driemeyer spukt jedenfalls in der Kaiserei und bemüht sich, wieder zurück zu seiner früheren Wirkungsstätte, der Surenburg, zu kommen, indem er jedes Jahr zur Silvesternacht einen Hahnentritt in deren Richtung macht.
Folgt man dem Hermannsweg in Richtung der Dörenther Klippen, passiert man bald linker Hand den Steinbruch und befindet sich nach der nächsten Wegbiegung im Brumleytal.
Dort fanden in den letzten Kriegstagen von 1945 die schlimmsten und sinnlosesten Gefechte statt. Der sogenannte „Ehrenfriedhof“ setzt dort 43 jungen Männern, die zum Teil kaum 18Jahre alt gewesen waren, ein Mahnmal.
Was waren es noch für unbeschwerte Zeiten, als die Dorfjünglinge an lauen Sommerabenden gemeinsam loszogen, um sich auf den Götterfelsen niederzulassen und ihr Gesang bis in das Dorf erschallte!
Übrigens soll der berühmt-berüchtigte Räuberhauptmann Feldlaum, der mit seiner Bande die Gegend unsicher machte, nahe dieser Felsen, unterhalb des früheren Wasserwerkes, sogar ein Lager für sein Diebesgut gehabt haben. Die gut verborgene kleine Felsenhöhle dort hat er gewiss auch für seine unehrenhafte Zwecke nutzen können. Sein unseliges Ende ereilte Feldlaum nahe Gravenhorst: dort wurde er in flagranti mit einer gestohlenen Speckhälfte auf dem Rücken erwischt…
- Reise durchs sagenhafte Riesenbeck
- Rosa Verlage
- Adam und Eva
- Dicke Buche
- Reinhildis
- Ballade vom bösen Book
- Roggenmuhme
- Wanderer im Winter
- Höltenes Krüz
- Spinnmädchen
- Doktor’s Loch
- Hexenpütt
- Rentmeister’s Hahnentritt
- Brumleytal
- Götterfelsen & Höhle
- Räuberhauptmann Feldlaum